Lernen nicht als Zwang, sondern als Chance begreifen. Dieses Motto beherzigt die Schule für Erwachsenenbildung (SFE) in Berlin, die chronischen Schulverweigerern und Schulverweigerinnen einen Ausweg aus ihrem festgefahrenen Leben ermöglichen will. Menschen, die ihre Bildungslaufbahn ohne Abschluss beendet haben, können hier in einem basisdemokratischen Rahmen zum Lernen zurückfinden, ohne dabei Leistungs- oder Notendruck fürchten zu müssen. Der Besuch des Unterrichts ist freiwillig, was gleichzeitig bedeutet, dass Eigenverantwortung großgeschrieben wird. Diese Erfahrung machen Schüler/-innen wie der Außenseiter Alex, der Dauerschwänzer Hanil, die rebellische Lena und der autoritätsresistente Florian, die alle einer Klasse angehören. Filmemacher Alexander Kleider, der selbst die SFE besucht hat, begleitet sie und andere auf ihrem Weg zum Abitur und fängt dabei sowohl freudige Erlebnisse als auch Rückschläge ein.
Berlin Rebel High School beginnt kurz vor der Vergabe der Abiturnoten und springt dann drei Jahre zurück, um den lehrreichen, aber auch mühsamen Weg der Protagonisten/-innen schlaglichtartig zu beleuchten. Während der Regisseur auf einen Off-Kommentar verzichtet, erhalten die Zuschauenden über prägnante Hinweistexte Informationen zu den vorgestellten Schülern und Schülerinnen und gewinnen durch Interviewpassagen weiteren Einblick in ihre Hintergrundgeschichten, ihr Befinden und ihre Motive, sich der SFE anzuschließen. Zu Wort kommen auch Mitarbeiter/-innen wie der Deutschlehrer Klaus Trappmann und die Schulbüro-Organisatorin Beate Ulreich, die die Philosophie ihrer Einrichtung näher erläutern und begründen, warum ihr Modell eine sinnvolle Alternative zum leistungsorientierten Lernen darstellt. Bei aller Leidenschaft und Sympathie für die SFE blendet Alexander Kleider kritische Stimmen und problematische Momente nicht aus.
Erörtern lässt sich anhand von Berlin Rebel High School die Struktur des staatlichen Schulsystems und dessen Möglichkeiten und Grenzen. Ist die Vergabe von Noten sinnvoll? Werden junge Menschen durch den Leistungsdruck adäquat auf das Berufsleben vorbereitet? Brauchen sie zwingend klare Richtlinien? Oder wären womöglich größere Freiheiten förderlich? Ausgehend von diesen Fragen kann man in einem nächsten Schritt das Alternativmodell der SFE in den Blick nehmen und dessen Vor- und Nachteile, auch am Beispiel konkreter Filmszenen, besprechen. Eine vertiefende Analyse bietet sich hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der SFE an, die im Rahmen der antiautoritären Bewegung gegründet wurde. Diskussionspotenzial liefern dabei vor allem die Beiträge des Deutschlehrers Klaus Trappmann, der unter anderem auf die Studentenbewegung zu sprechen kommt.
Dieser Text ist eine Übernahme des VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Christopher Diekhaus, 13.04.2017, Vision Kino 2017.