Das Streben nach Gewinnmaximierung und Wachstum macht vor der Ressource Mensch nicht halt. In der modernen Arbeitswelt werden die Grenzen zwischen Arbeit und Leben ganz bewusst immer mehr zum Verschwinden gebracht. Statt Stechuhren und hierarchischen Kontrollsystemen steht in modernen Konzernen Selbstoptimierung auf dem Programm. Ideale Mitarbeiter/innen machen die Unternehmensziele zu ihren eigenen. Im Gegenzug beschert ihnen das Unternehmen zwar Büros mit Designer-Ausstattung, nimmt sich aber auch die Freiheit, die Motivation in regelmäßigen Mitarbeitergesprächen zu überprüfen. Wie schmal der Grat zwischen der Proklamation von Gemeinsamkeit ("We are family") und dem Schritt ins berufliche Abseits ist, zeigt dieser Film deutlich.
Carmen Losmanns erster Blick gilt den Räumen. Mit ihrer Kamera vermisst sie die neuen Arbeitswelten und zeigt, dass der Mensch keineswegs im Mittelpunkt dieser Architektur steht, sondern zwischen diesen glänzenden, aufgeräumten Oberflächen eher einen Fremdkörper darstellt. Losmann filmt diverse Konferenzen und Gespräche und beschränkt sich ganz bewusst auf die Beobachtung der Kommunikation, die sich vor ihrer Kamera entfaltet. Akzente setzt sie nicht durch Fragen, sondern durch ausgeklügelte
Schnitte und die Bearbeitung der Tonspur. So reagiert sie auf die endlose Aneinanderreihung von Worthülsen mit einer deutlichen Zunahme des Grundrauschens und macht so das gesprochene Wort zum Hintergrundgeräusch. Dieses Manöver schärft den Blick für die kleinen Gesten der Unsicherheit, die trotz aller Selbstbeherrschung bei den Protagonisten/innen immer wieder aufflackern.
Work Hard – Play Hard erzählt von Menschen, die schon heute das erleben, was viele als Arbeitsweise der Zukunft bezeichnen. Die besondere Stärke dieser Dokumentation liegt darin, dass es ihr gelingt, die Integrität der Protagonisten/innen zu wahren. Im Fokus von Losmanns Film stehen nicht die einzelnen Menschen, sondern das System, dessen Bestandteil sie sind. Für die pädagogische Auseinandersetzung mit Jugendlichen bietet der Film interessante Anknüpfungspunkte, um sich – auch vorbereitend auf den Beruf – mit den Strukturen moderner Arbeitswelten auseinanderzusetzen. Dabei können auch versteckte Machtverhältnisse und Manipulationsmöglichkeiten aufgespürt und analysiert werden. Die zahlreichen Gespräche und Konferenzen sind zudem ein guter Ausgangspunkt, um im Deutschunterricht die Mehrdeutigkeit von Sprache und Kommunikation zu untersuchen.
Autor/in: Luc-Carolin Ziemann, 04.04.2012
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